Während um 1900 die Eugenik von rechts bis links noch ein anerkanntes Mittel der Politik war, um erwünschte von unerwünschten Menschen zu trennen, war sie nach dem Holocaust für kurze Zeit vollkommen tabu. Doch nicht für lange. Bereits vier Jahre vor den «Grenzen des Wachstums», dem berühmten Bericht an den Club of Rome, erlebte die Bevökerungspolitik mit ökologischem Mäntelchen ein Revival. 1968 erschien Paul Ehrlichs eingängiges Buch «The population bomb». Es wurde sofort zum Bestseller und bald auch ins Deutsche übersetzt.
Aber Ehrlichs Kampfschrift hatte auch bei ihrer Publikation schon Kritiker. Sie fragten: Was passiert, wenn Menschen zu Zahlen werden? Wer entscheidet darüber, welche Menschen sich fortpflanzen dürfen und welche nicht? Blenden die Computersimulationen von Ehrlich und von den Autoren der «Grenzen des Wachstums» nicht wesentliche Fragen aus: die Frage nach der Verteilung von Reichtum und Armut unter den verschiedenen Schichten, Ländern, Bevölkerungsgruppen? Und Frage nach der Macht: Dienen heute und dienten historisch pro- resp. antinatalistische Politiken nicht vorab der Herrschaftserhaltung?