Während um 1900 die Eugenik von rechts bis links noch ein anerkanntes Mittel der Politik war, um erwünschte von unerwünschten Menschen zu trennen, war sie nach dem Holocaust für kurze Zeit vollkommen tabu. Doch nicht für lange. Bereits vier Jahre vor den «Grenzen des Wachstums», dem berühmten Bericht an den Club of Rome, erlebte die Bevökerungspolitik mit ökologischem Mäntelchen ein Revival. 1968 erschien Paul Ehrlichs eingängiges Buch «The population bomb». Es wurde sofort zum Bestseller und bald auch ins Deutsche übersetzt.
Aber Ehrlichs Kampfschrift hatte auch bei ihrer Publikation schon Kritiker. Sie fragten: Was passiert, wenn Menschen zu Zahlen werden? Wer entscheidet darüber, welche Menschen sich fortpflanzen dürfen und welche nicht? Blenden die Computersimulationen von Ehrlich und von den Autoren der «Grenzen des Wachstums» nicht wesentliche Fragen aus: die Frage nach der Verteilung von Reichtum und Armut unter den verschiedenen Schichten, Ländern, Bevölkerungsgruppen? Und Frage nach der Macht: Dienen heute und dienten historisch pro- resp. antinatalistische Politiken nicht vorab der Herrschaftserhaltung?
Von Ehrlichs „Bevölkerungsbombe“…
…zum Schutz von Volk und Heimat.
Wenn Gesellschaft aus einer biologistischen Perspektive betrachtet wird, rücken automatisch gewisse Fragen in den Hintergrund. Die Frage nach der Macht. Die Frage nach der Verteilgerechtigkeit. Die Frage nach der Ausbeutung der Natur.
Dafür stellen sich neue Fragen: Wer sind die „natürlichen Einwohner“ einer Landschaft, eines Kantons, einer Nation? Und wie können sie sich gegen die Verschandelung ihrer Heimat schützen?
So wird plötzlich die Einwanderung zur Hauptbedrohung einer angeblich ohne sie intakten Natur- und Gesellschaftsordnung.
Neo-Malthusianismus en vogue
Voraussichtlich am 30. November 2014 steht in der Schweiz die Ecopop-Volksinitiative zur Abstimmung. Sie verbindet eine Einwanderungslimite in die Schweiz zum Schutz der Umwelt mit der Forderung, zehn Prozent der Aufwendungen in der Entwicklungszusammenarbeit in die Familienplanung zu investieren.
Aus diesem Anlass soll dieses Buch die Hintergründe der Verbindung von Bevölkerungspolitik, Einwanderungs-Schranken und Ökologie aufzeigen. Mit einem kritischen Blick in die Geschichte. Kein Argumentarium in Buchform. Sondern ein Blick auf jene oft verdrängten Wurzeln der Ökologie, die nicht der gesellschaftlichen Emanzipation sondern dem Biologismus verpflichtet sind.
Dieser «unheimlichen Ökologie» und ihren VertreterInnen wird ein Verständnis von Ökologie gegenübergestellt, das die Menschen und ihre Grundrechte ins Zentrum stellt, die nach der Verteilgerechtigkeit fragt und die Kritik an der Ausbeutung von Natur und Mensch formuliert.